Was ist eigentlich ein Freelancer?
Als ein Freelancer (im französischem «indépendant») wird ein «freier Mitarbeitender» bezeichnet, welcher auf eigene Rechnung arbeitet. Formell versteht man, dass dieser Freiberufler (oder auch Contractor genannt) selbständig ist. Unsere Erfahrung zeigt, dass Unternehmen meistens davon ausgehen, dass sich die Freelancer selbstverständlicherweise um die Sozialversicherungen kümmern. Nur, das reicht nicht. So einfach ist das Ganze nicht, was oft erst verstanden wird, sobald die AHV oder die Steuerbehörde interveniert.
Damit die Scheinselbständigkeit ausgeschlossen werden kann, muss zuerst Klarheit über die Selbständigkeit oder die Unselbständigkeit vorliegen.
Die Selbständigkeit
Als Selbständigerwerbender ist man nur bei der AHV/IV/EO versichert. Die Arbeitslosigkeit ist nicht versichert. Gegen Krankheit und Unfall muss ein Selbständigerwerbender sich selbst kümmern und auch die Prämien selbst berappen. Die soziale Absicherung ist also um einiges kleiner – oder man speziell dazu versichert werden – gegenüber der Unselbständigkeit.
Als Selbständigerwerbender gelten Personen, welche in unabhängiger Stellung, für mehrere Auftraggeber, auf eigene Rechnung arbeiten, heisst es als bekannte Definition. Sie tragen selbst ihr wirtschaftliches Risiko.
Das SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) beurteilt nachfolgende Merkmale, um von einer echten Selbständigkeit auszugehen:
· Tätigen von erheblichen Investitionen
· Handeln unter eigenem Namen auf eigene Rechnung
· Verfügen über eigene Geschäftsräume
· Tragen der Unkosten und des Verlustrisikos
· Beschäftigen von Personal
· Freies Bestimmen von Art und Weise der Arbeitserbringung, keinen Weisungen unterworfen
· Gleichstellung gegenüber Person, die Auftrag erteilt hat
· Selbständiges Festlegen der Arbeitszeiten
· Tätigsein für mehrere Auftraggeber
Unselbständige Erwerbstätige
Unselbständig Erwerbende leisten in untergeordneter Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit Arbeit. Sie tragen kein wirtschaftliches Risiko. Das klassische Beispiel ist die Aufteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Betrieb, besiegelt per Arbeitsvertrag. Auch hierzu gibt es einen Kriterienkatalog vom SECO, welche im Einzelfall abgewogen werden:
· Fehlen erheblicher Investitionen
· Keine massgebliche Entscheidungsbefugnis über Investitionen und Personalfragen
· Handeln in fremden Namen und auf fremde Rechnung
· Pflicht, sich an Weisungen zu halten (in persönlicher, organisatorischer und zeitlicher Hinsicht)
· Bindung an Arbeitsplan, Arbeitszeiten und Präsenzpflicht
· Zuweisung eines Arbeitsplatzes
· Regelmässige Arbeit für den gleichen Arbeitgeber
· Bereitstellen von Arbeitsgerät oder -material durch den Arbeitgeber
· Periodische Entgeltleistungen: Monatslohn, Stundenlohn etc.
Jeder wird separat unter die Lupe genommen
Die Einstufung, ob jemand selbständig oder unselbständig erwerbstätig ist, hat für den «Freelancer» und den Auftraggeber (also eine Firma, Freelancer-Aufträge werden oft durch das HR organisiert) essenzielle Wichtigkeit. Die später in diesem Beitrag genannten Risiken und finanziellen Auswirkungen können enormen Schaden anrichten. Üblicherweise wird jeder Fall einzeln beurteilt sowie die oben aufgeführten Merkmale gegenseitig abgewogen. Im Zweifelsfall werden überdies Spezialbehörden (Ausgleichskasse, Steueramt, Arbeitsmarktbehörde) für die Einstufung herbeigezogen.
Scheinselbständigkeit
Wer also als Selbständiger arbeitet, ohne aber die oben genannten Anforderungen zu genügen, der gilt als scheinselbständig. Konkret wir also von Scheinselbständigkeit gesprochen, wenn Personen, welche einen privatrechtlichen Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen haben, zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet sind. Sie sind de facto von ihrem Vertragspartner wirtschaftlich abhängig. Als scheinselbständig arbeitet eine Person, wenn diese den Weisungsbefugnissen des Auftraggebers, in der auszuführenden Arbeit im örtlichen und zeitlichen Bereich, untergeordnet ist.
Das hohe Risiko
AHV Revisionen sind für KMU und für Grossbetriebe in der Schweiz ein übliches Verfahren. Der AHV ist sich der Thematik der Scheinselbständigkeit bewusst. Es liegt somit auf der Hand, dass Revisoren, aufgrund der tückischen Zusammenarbeit mit Freelancern, hierauf ein besonderes Augenmerk legen. Kommt die AHV zum Schluss, dass Scheinselbständigkeit vorliegt, der Freelancer also eigentlicher Abreitnehmer des Unternehmens ist, so müssen die fehlenden Sozialversicherungen (auf Arbeitnehmerseite) der letzten fünf Jahre nachbezahlt werden. Hat der Scheinselbständige keine AHV Beiträge bezahlt, müssen auch diese vom Auftraggeber, also dem neuernannten Arbeitgeber einbezahlt werden. Es kommt die Anschuldigung der Schwarzarbeit hinzu. Zudem kann der Freelancer nun vergangene Überzeit, Ferienansprüche und nicht bezogene Unfall- sowie Krankentaggelder geltend machen.
Alternative zur Scheinselbständigkeit
Die Beschäftigung von Scheinselbständigen kann hohe rechtliche und finanzielle Folgen haben. Dies kann und muss natürlich vermieden werden. Sofern Sie mit Freelancern zusammenarbeiten, welche auf eigene Rechnung arbeiten, lassen Sie sich die Bescheinigung der Selbständigkeit zeigen. Machen Sie eine Kopie für die nächste AHV Revision. Diese gibt leider nicht 100% Garantie, da diese Bescheinigung nur zeigt, dass der Freelancer AHV Beiträge abrechnet. Die aktuelle Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber kann trotzdem als unselbständig eingestuft werden.
Durch ein sogenanntes Payrolling/Contracting, ist der Freelancer beim Payrolling-Dienstleister angestellt, also unselbständig. Der Auftraggeber erhält eine Rechnung für die komplette Anstellung und Lohnzahlung. Die AHV Beiträge werden so korrekt durch den Payrolling Provider entrichtet. Zudem bietet es dem Freelancer viel mehr Schutz; er ist gegen Unfall- und Krankheit sowie Arbeitslosigkeit versichert. Er hat sogar die Möglichkeit in die Pensionskasse einzuzahlen. Für das HR gibt es enorme Entlastung; sie müssen sich nicht mit diesen Themen sowie deren Risiken beschäftigen und auch nicht die Verantwortung dafür tragen.